Themen zum Erbrecht

Teilnehmer des Telefonforums zum Erbrecht von links:    Christian Grüner, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen, sowie die Notare Anne Unger, Janett Talke und Heinz Watoro.

Neben unseren monatlichen Veranstaltungen im Lebenszentrum Gotha zum Thema Erbrecht möchten wir an dieser Stelle Inhalte eines Zeitungsartikels in der OTZ vom 09.11.2017 veröffentlichen.

Immer häufiger gibt es Streit in Familien, wenn es um das Thema Erben und Vererben geht. Doch wie lässt sich das vermeiden? Wie kann sichergestellt werden, dass der letzte Wille eindeutig geregelt ist? Was besagt die gesetzliche Erbfolge?

Ich habe keinen Kontakt zu meinen Eltern und vermute, dass ihr künftiger Nachlass überschuldet ist. Muss ich das Erbe annehmen?

Unabhängig davon, ob der Nachlass überschuldet ist oder nicht, kann das Erbe ausgeschlagen werden. Für die Erbausschlagung ist eine Frist von sechs Wochen zu beachten, die mit Kenntnis vom Erbanfall beginnt. Sofern ein Testament des Erblassers vorliegt, beginnt die Frist frühestens mit der Eröffnung der letztwilligen Verfügung durch das Nachlassgericht. Die Erbausschlagung ist formbedürftig. Das heißt, sie muss entweder vor einem Notar ihrer Wahl oder dem Nachlassgericht abgegeben werden.

Ich möchte meinem Sohn das Haus schenken, habe aber noch zwei weitere Kinder. Muss mein Sohn seine Geschwister auszahlen?

Wenn die Geschwister dazu bereit sind, bei der Übertragung mitzuwirken, bietet es sich an, bei Abschluss des notariellen Übertragungsvertrages von den Geschwistern einen sogenannten gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht hinsichtlich des Hauses aufzunehmen. Dieser kann auch an eine Gegenleistung geknüpft sein, so zum Beispiel eine Ausgleichszahlung an die Geschwister.

Wenn die Geschwister dazu nicht bereit sind, könnte ein Pflichtteilsanspruch der Geschwister hinsichtlich des übertragenen Anwesens bestehen. Dabei kommt es darauf an, wie viel Zeit zwischen der Schenkung und dem Tod des Schenkers verstrichen ist. Liegt die Schenkung mehr als zehn Jahre zurück, bleibt der Wert des Hauses vollständig unberücksichtigt. Im Übrigen werden pro Jahr, welches seit der Schenkung vergangen ist, zehn Prozent des Wertes des Anwesens bei der Pflichtteilsberechnung abgezogen.

Voraussetzung für den Anlauf der Zehnjahresfrist ist auch, dass der Schenker sich nicht die vollständige Nutzung des Wohnanwesens vorbehält, zum Beispiel durch Nießbrauch oder einem allumfassenden Wohnungsrecht. Der Notar wird Sie dazu beraten.

Sollte ich Regelungen zur Bestattung in mein Testament aufnehmen?

Grundsätzlich ist das möglich, aber nicht sinnvoll. Bedenken Sie bitte, dass das Testament erst einige Zeit nach Ihrem Tod vom Nachlassgericht eröffnet wird. So kann nicht sichergestellt werden, dass Ihre Wünsche zum Zeitpunkt der Bestattung berücksichtigt werden. Stattdessen empfiehlt es sich, diese Wünsche in einer separaten Bestattungsverfügung oder in der Vorsorgevollmacht aufzunehmen. Im übrigen können diese Dinge bei der Beratung zum Erbrecht mit RA Stoll im Lebenszentrum Gotha an jedem 1. Dienstag des Monats besprochen werden.

Mein Schwiegervater besitzt ein Zweifamilienhaus. Zu Lebzeiten wurde eine Hälfte an meinen Mann überschrieben. Der Schwiegervater lebt mit seiner Lebensgefährtin im anderen Teil. Wie verhält es sich im Todesfall des Schwiegervaters mit der zweiten Haushälfte? Es gibt noch eine Halbschwester, zu der wir aber keinen Kontakt haben.

Sofern kein Testament vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge. Handelt es sich bei der Halbschwester um ein leibliches Kind Ihres Schwiegervaters und ist dieser zum Zeitpunkt seines Todes nicht verheiratet, erben Ihr Ehemann und die Halbschwester zu gleichen Teilen. Wenn der Schwiegervater dieses Ergebnis nicht wünscht, kann er die Erbfolge durch ein Testament abändern. Ein notarielles Testament ist in diesem Fall besonders anzuraten, da der Notar bei Errichtung des Testamentes berät und die Formulierungen juristisch einwandfrei sind. Außerdem ersetzt das notarielle Testament den Erbschein und somit die Erbscheinkosten, die im Regelfall etwa das Doppelte der Kosten des notariellen Testaments betragen.

Ich bin nicht verheiratet und habe keine Kinder. Ich möchte gern meinen Neffen als Erben einsetzen. Muss mein Neffe dann Erbschaftssteuern bezahlen?

Das Gesetz sieht in Abhängigkeit von der Verwandtschaft zum Erblasser unterschiedliche Steuerfreibeträge und Steuersätze vor. Neffen und Geschwister haben dabei keinen höheren Steuerfreibetrag als nicht Verwandte, nämlich nur 20 000 Euro. Der darüber hinaus gehende Nachlasswert wäre vom Neffen mit 15 bis 43 Prozent zu versteuern. Deswegen könnte eine Gestaltung sinnvoll sein, wonach nicht nur der Neffe selbst als Erben eingesetzt wird, sondern auch dessen Familienangehörige, da für diese dann ebenfalls der steuerliche Freibetrag von 20 000 Euro ausgenutzt werden kann.

Mein Ehemann ist verstorben. Wir haben unsere vier Kinder zu Schlusserben eingesetzt. Kann das von uns gemeinschaftlich errichtete Testament von mir jetzt abgeändert werden?

Es kommt dabei grundsätzlich auf die Formulierung des Testamentes an, ob die Schlusserbeneinsetzung vom Längstlebenden abänderbar ist. Es empfiehlt sich daher, ausdrücklich im Testament entweder eine Abänderungsklausel vorzusehen oder aber die Abänderbarkeit ausdrücklich auszuschließen. Im vorliegenden Fall deutet vieles darauf hin, dass Ihr Testament in Ermangelung einer entsprechenden Klausel nicht abänderbar ist.

Ich bin verwitwet und habe einen Bruder. Mein Cousin soll mein Alleinerbe werden. Hat mein Bruder einen Pflichtteilsanspruch?

Nein. Geschwister haben keinen Pflichtteilsanspruch. Pflichtteilberechtigt sind nur Ehegatten, Eltern und Abkömmlinge des Erblassers. Die Eltern haben dann keinen Pflichtteilanspruch, wenn der Erblasser Kinder hinterlässt. Ist ein Kind vorverstorben, geht der Pflichtteilsanspruch auf dessen Nachkommen über.

Wir sind verheiratet und haben keine Kinder. Erbt mein Ehegatte automatisch allein?

Nein. Sofern Sie kein Testament haben, sieht das Erbrecht die gesetzliche Erbfolge vor. Danach erbt der Ehegatte drei Viertel, sofern Sie mit Ihrem Ehepartner im gesetzlichen Güterstand verheiratet waren. Der restliche Nachlass fällt an die Verwandten der zweiten Erbordnung, das sind die Eltern beziehungsweise – sofern diese gestorben sind – die Geschwister des Erblassers.
Ihr Ronald Häring, Geschäftsführer

Foto: Tino Zippel

 

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